In letzter Zeit werde ich immer wieder von Schüler:innen gefragt, was es eigentlich mit dem Nervensystem auf sich hat, da ich immer wieder darüber spreche, wie wichtig es ist, ein starkes Nervensystem in dieser Zeit aufzubauen. Heute möchte ich über das Nervensystem im Kontext mit Kundalini Yoga schreiben. Unser Nervensystem ist ein erstaunliches Netzwerk, das unseren Körper mit dem Geist verbindet und die Grundlage für all unsere Empfindungen und Reaktionen bildet.
Das autonome Nervensystem – Ein Tanz der Balance
Unser Nervensystem lässt sich grob in zwei Teile unterteilen: das autonome Nervensystem und das somatische Nervensystem. Das autonome Nervensystem steuert Funktionen, die wir nicht bewusst kontrollieren, wie beispielsweise die Atmung, den Herzschlag und die Verdauung. Es wiederum gliedert sich in das sympathische und das parasympathische Nervensystem. Das sympathische Nervensystem ist für die Aktivierung und den Kampf- oder Fluchtmodus zuständig, während das parasympathische Nervensystem für Entspannung und Regeneration sorgt.
Im Kundalini Yoga nutzen wir bewusst Atemtechniken, Körperhaltungen und Meditationen, um das Nervensystem zu harmonisieren und auszugleichen. Kundalini Yoga bringt das autonome Nervensystem in einen Zustand der Balance, in dem das sympathische und das parasympathische Nervensystem im Einklang miteinander arbeiten. Dieser Zustand, auch als „neutrales Nervensystem“ bezeichnet, ermöglicht es uns, uns tiefer zu entspannen und zugleich fokussiert und präsent zu sein.
Das Nervensystem umfasst alle Nervenzellen des menschlichen Körpers. Mit ihm kommuniziert er mit der Umwelt und steuert gleichzeitig vielfältige Mechanismen im Inneren. Das Nervensystem nimmt Sinnesreize auf, verarbeitet sie und löst Reaktionen wie Muskelbewegungen oder Schmerzempfindungen aus. Wer zum Beispiel auf etwas Heißes fasst, zieht die Hand reflexartig zurück – und die Nervenbahnen senden gleichzeitig ein Schmerzsignal ans Gehirn. Auch Stoffwechselvorgänge werden über das Nervensystem gesteuert.
Es enthält unzählige Nervenzellen, sogenannte Neuronen. Allein im Gehirn sind es rund 100 Milliarden. Jede einzelne Nervenzelle besteht aus einem Körper und verschiedenen Fortsätzen. Die kürzeren Fortsätze (Dendriten) wirken wie Antennen: Über sie empfängt der Zellkörper Signale, zum Beispiel von anderen Nervenzellen. Über den langen Fortsatz (Axon), der über einen Meter lang sein kann, werden die Signale weitergeleitet. Neulich wurde ich gefragt, ob das Nervensystem durchsichtig ist. Die Antwort ist nein. Oder sagen wir mal so, unter einem Mikroskop ist es auf jeden Fall sichtbar. Während meiner Heilpraktikerausbildung in den 90ern hat mich das Nervensystem unglaublich fasziniert und bis heute lerne ich immer wieder Neues darüber.
Pranayama – Der Atem als Schlüssel zum Nervensystem
Eine wichtige Praxis im Kundalini Yoga ist Pranayama, die bewusste Atemführung. Ich bin ein großer Fan von Pranayama und integriere es immer großzügig in meine Kundalini Yogastunden. Durch gezielte Atemübungen beeinflussen wir unmittelbar unser Nervensystem. Indem wir langsam und tief ein- und ausatmen, aktivieren wir das parasympathische Nervensystem und fördern Entspannung und Regeneration. Atemtechniken wie der „Feueratem“ oder die „Wechselatmung“ können hingegen das sympathische Nervensystem aktivieren und schlummernde Energie mobilisieren. Kundalini Yoga ermöglicht uns, diese Atemtechniken gezielt einzusetzen, um unsere körperliche und emotionale Balance zu fördern.
Meditation – Eine Oase der Stille im Nervensystem
Meditation ist eine weitere essenzielle Praxis im Kundalini Yoga, die uns dabei unterstützt, das Nervensystem zu beruhigen und zu regenerieren. Durch das Eintauchen in einen Zustand der Stille und des inneren Friedens während der Meditation senden wir Signale an unser Nervensystem, dass es sich entspannen und regenerieren darf. Dies führt zu einer Reduzierung von Stresshormonen und einer Steigerung des Wohlbefindens.
Während der Meditation beobachten wir unsere Gedanken, hoffentlich ohne uns von ihnen mitreißen zu lassen. Dadurch lernen wir, eine gewisse Distanz zu unseren Gedanken und Emotionen zu entwickeln und uns weniger von ihnen beeinflussen zu lassen. Dieser Zustand der geistigen Klarheit und Ruhe hat direkte Auswirkungen auf unser Nervensystem. Wir können unsere Reaktionen bewusster steuern und gelassener auf Herausforderungen reagieren.
Kundalini Yoga und die Neuroplastizität des Gehirns
Ein weiterer faszinierender Aspekt der Verbindung zwischen Kundalini Yoga und dem Nervensystem ist die Neuroplastizität des Gehirns. Neuroplastizität bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, sich ständig neu zu verändern und anzupassen. Kundalini Yoga kann dazu beitragen, neue neuronale Verbindungen zu schaffen und das Gehirn flexibler und widerstandsfähiger zu machen. Durch regelmäßige Praxis können wir alte Denkmuster und Gewohnheiten durchbrechen und neue positive Wege des Denkens und Handelns etablieren.
Ein bewusster Weg der Pflege des Nervensystems
Kundalini Yoga bietet uns somit einen bewussten Weg, um das Nervensystem zu unterstützen und hübsch zu umsorgen. Indem wir unsere Aufmerksamkeit auf das Zusammenspiel von Körper, Geist und Nervensystem richten, können wir eine ganzheitliche Gesundheit erreichen. Wir fördern unsere emotionale Ausgeglichenheit, reduzieren Stress, steigern unsere Energie und entwickeln eine größere Resilienz gegenüber den Herausforderungen des Lebens.
Eine kontinuierliche Yogapraxis ist der Schlüssel, um die Balance im Leben aufrechtzuerhalten. Es erfordert Disziplin und Hingabe, aber die Belohnungen sind unermesslich. Indem du regelmäßig Kundalini Yoga praktizierst, bleibst du mit deiner inneren Kraft und Stärke verbunden. Du entwickelst eine tiefe innere Harmonie, die sich auf alle Bereiche deines Lebens auswirkt. Sei geduldig mit dir selbst und erlaube dir, die transformierende Reise zu genießen. Du wirst feststellen, wie Yoga dein Nervensystem stärkt, deine Widerstandsfähigkeit erhöht und dir hilft, inmitten der Herausforderungen des Alltags im Gleichgewicht zu bleiben. Bleib dran und entfalte das volle Potenzial, das in dir schlummert.
Komm gern in meinem digitalen Kundalini Yogastudio vorbei (oder in meine Workshops demnächst in Zürich und Köln), dort lernst du fantastische Übungen, um dich für den Alltag zu stärken.
Sat Nam,
Madhavi
Foto © Maria Schiffer
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