Ich wohne jetzt seit zwei Jahren in Berlin. Es hat ungefähr ein Jahr gedauert, bis ich ein Yogastudio gefunden habe, das mir auf allen Ebenen zusagt. Versteht mich nicht falsch, es gibt sehr viele schöne Yogastudios in Berlin. Ich war jedoch auf der Suche nach dem Gefühl, dass ich aus meinem heimischen Yogastudio, dem Yogaraum Hamburg, kannte. Jahrelang war ich dort nahezu täglich auf der Matte, es war mein Zuhause. Ein Ort, an dem ich mich pudelwohl fühlte. Stets Auftanken konnte. Jeder übte dort recht unaufgeregt. Ein schlichtes Studio mit fabelhaften Lehrern. Seit fast einem Jahr tigere ich nun auch hier fast täglich zum Yoga. Zum Jivamukti Yoga Berlin. Das macht mich irre glücklich.
Meine erste Jivamukti Yoga Einheit hatte ich vor genau 10 Jahren. Ich erinnere mich an diesen hübschen, tiefblauen Sommertag. Mein Sohn war zu der Zeit gerade neun Monate alt. Klebte in einem Tragebeutel auf meinem Rücken. Wir wurden von meiner Freundin Isabell Lütkehaus, Yogalehrerin, Autorin und Mediatorin, nach Berlin eingeladen. Die Eröffnung des Jivamukti Yoga Studios von Patrick Broome stand bevor. Das Studio war bildhübsch, sehr clean, das mag ich ja sehr. Das war eine Zeit, in der es als junge Mutter nicht selbstverständlich war, einfach mal so eine Yogastunde zu besuchen.
Isabell aber machte es möglich. Nahm mir meinen Sohn ab, schnallte ihn sich vor den Bauch und ging mit ihm spazieren. Ich hüpfte fröhlich in ein neues Abenteuer, denn ich kannte Jivamukti Yoga nur vom Hörensagen. Hip sollte es sein. Die Lehrer unterkühlt. Viel zu schnell und mit affenlauter Musik. Ich wollte es trotzdem probieren.
Ich besuchte eine Yogastunde mit Moritz Ulrich, wie jung er da war. Nach der Yogastunde fühlte ich mich fantastisch. Schweißgebadet, aber irre gut. Zwei Wochen später fuhr ich wieder nach Berlin. Für einen Workshop von Sharon Gannon und David Life, den Gründern des Yogastils.
Ich hatte mich für eine Yogastunde mit Sharon eingetragen, landete mit meiner Yogamatte aber irgendwie in der Klasse von David. Was mich verstörte, denn ich wollte doch viel lieber zu dem engelsgleichen Wesen im anderen Raum. Es war aber letztendlich gut so, denn es war eine tiefgehende Yogapraxis, die mich nachhaltig erfüllte. Das Studio überlebte nicht lange. In Hamburg gab es zu der Zeit noch keine Jivamukti Yoga Angebote.
Erst Jahre später, als das Jivamukti Yoga Berlin eröffnete, ging ich wieder hin. Das Studio war mir zu der Zeit aber zu düster, die Leute wirkten mir tatsächlich viel zu unterkühlt. Ich fühlte mich unwohl. Auch, wenn mir der Yogastil immer noch gut gefiel, ich ging nicht mehr hin. Bis vor einem Jahr. Zufällig.
Ich war beeindruckt, wie sich das Studio verändert hatte. Es gab ein tolles veganes Café, das Studio war größer, freundlicher, heller und sagte mir sehr zu. Ich buchte eine Monatskarte, aus der auch gleich eine Jahreskarte wurde. Ich habe in den 28 Jahren, in denen ich Yoga praktiziere viele Yogastile kennengelernt. Einige kommen und gehen sehen. Erstaunlich lange hält und wächst dieser Yogastil. Er ist einen Hauch leiser geworden, was ich ganz angenehm finde, aber nicht weniger aktiv.
Ich möchte euch verraten, was ich an Jivamukti Yoga so gern habe:
Fokus des Monats
Ich bin jeden Monat wieder aufs Neue gespannt, welcher Fokus gelegt wird. Ich finde es ist eine hervorragende Angelegenheit, sich einen ganzen Monat einem Thema zu widmen, das den Geist anregt. Etwas zu verändern – oder zu manifestieren. Egal, in welchem Jivamukti Yogastudio auf der Welt man sich gerade befindet, der Fokus des Monats wird überall beackert. Und wie schön jeder Lehrer seine Interpretation davon weitergibt. Ich liebe diese Inspiration und entdecke immer wieder neue Seiten an mir.
Musik
Ich bin immer wieder beeindruckt, dass alle Jivamukti Yogalehrer das Harmonium quasi blind beherrschen. Zumindest hört es sich so an. Ich nahm früher bei einem indischen Musiklehrer Unterricht, der an mir verzweifelte, weil ich bei aller Liebe und Geduld das Tastengerät nicht schnallte. Es hat sich bis heute nicht geändert. Dabei frage ich mich gerade, wo mein Harmonium überhaupt abgeblieben ist. Wie auch immer, Jivamukti Yogalehrer können auch Mantren und Kirtans hübsch geradeaus singen. Das bringt mein Herz immer wieder zum Hüpfen. Bhakti, hach. Außerdem liebe ich die meisten Playlists, die so liebevoll zusammengestellt werden. Mit schwungvoller Musik zu praktizieren, macht mir irre viel Spaß. Irgendwie komme ich da sehr in die Tiefe. Oft berührt mich die Musik, trägt mich. Ich kann dabei gut abschalten.
Yogalehrer
Ich finde, dass die Jivamukti Yogalehrer prächtig ausgebildet werden. Sie gehen durch eine knackige Ausbildung, eine Assistenzzeit, die oft mehrere Jahre dauert. Sie können den Sitz des Lehrers meist gut einnehmen. Was sicher auch an dem Gurukula System liegt, sie spielen sich nicht auf. (Ausnahmen gibt es natürlich immer mal wieder…) Gut, ab und zu übertreiben sie es mit der Betonung des Sanskrits, aber darüber kann ich hinweghören. Es geht nicht um den jeweiligen Lehrer, sondern um den Schüler, wie angenehm. Das gibt mir unheimlich viel Raum, mich zu entfalten.
Runde Yogapraxis
Eine Jivamukti Yoga Stunde ist eine runde Sache. Mit allem drum und dran. Es ist teilweise schweißtreibend, fordernd, anregend. Danach fühlt man sich wie neugeboren.Transformiert. Die fließenden Yogastunden geben gar keinen Raum nach links oder rechts zu schauen, jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Und das ist gut so. Ach ja, die Massagen während oder nach der Stunde…ein Traum.
Satsang
Ich liebe Satsang, das Zusammenkommen von Yogis zum gemeinsamem Meditieren, Singen und erhebenden Worten lauschen. Eine schöne Möglichkeit, sich zu sammeln, Gemeinschaft zu erleben. Es ist ein schöner Ausgleich zur Asana Praxis. Sich den Schriften widmen, sie auch mal hinterfragen. Sich inspirieren lassen.
Ich mag Jivamukti Yoga, weil es viele Aspekte vereint und mehr ist, als Rumturnen auf der Matte. So kraftvoll und trotzdem fest im Weltlichen verankert. Den Aktivismus darf man auch nicht außer Acht lassen, obwohl ich sehr froh bin, dass er nicht mehr so aggressiv ist wie vor ein paar Jahren. So erreicht man viel mehr Menschen, kann etwas in der Welt ändern.
Wer neu beim Yoga ist, sollte keinesfalls eine Open Class besuchen, sondern sich wirklich erst mal in die Anfängerklassen begeben. Jivamukti Yoga macht sehr viel Spaß, doch wenn man die Basics nicht gelernt hat, kann die Yogastunde zu einem Horrortrip werden. Und das will doch keiner, oder?
#staytrue
Madhavi
Foto // mariaschiffer.com
3 Comments
steffimanca
30. August 2016 at 14:36Hi Madhavi, ich habe mit meinem Mann mal einen Absolut Beginners Workshop besucht, um das Jivamukti Studio in Berlin kennenzulernen. Hat uns sehr gut gefallen … Leider sind es von uns bis Berlin rund 250 km, so dass ein regelmäßiger Besuch nicht in Frage kommt. Schade …
Ich kann verstehen, dass Du Dich dort so wohl fühlst …
Herzliche Grüße
Steffi, Viniyoga 😉
Carolin
30. August 2016 at 15:23Danke, Madhavi! Ich bin im Kundalini-Yoga zu Hause. Deine erfrischenden Zeilen haben mir Lust gemacht, mich – trotz anderer Dinge, die heute anstehen (sollten) – näher mit Jivamukti zu befassen. Erst mal folge ich deinen Links…
Hab’s gut, genieß die Sonne – herzliche Grüße aus Hannover sendet
Carolin
Jana
2. September 2016 at 19:20Liebe Madhavi, danke für den Beitrag. Ich werde auch oft gefragt, warum ich so gern zu jivamukti gehe und konnte es nie so gut in Worte fassen. Du sprichst mir hier aus Seele. Danke dafür! Es ist ein sehr polarisierender Stil und viele können es nicht nachvollziehen oder gar verstehen. Aber ich glaube, es hängt auch davon ab, was man für ein Typ ist, auch was die eigene Yogapraxis betrifft. Ich mag es einfach, auch mal an meine Grenze zu gehen, um zu schauen, was mein Geist dann so macht. ? Danke noch mal für den tollen Beitrag und liebe Grüße Jana