Ich arbeite täglich mit Frauen, die ihr Leben gern verändern möchten. In letzter Zeit erzählen mir einige von ihnen, dass sie gern mehr Freiraum in ihrer Partnerschaft hätten. Da ich ja schon öfter auf meinem Podcast darüber geplaudert habe, dass ich mein eigenes Zimmer und Bett habe und ansonsten auch sehr viel Freiheit, waren manche sehr inspiriert, das Gleiche zu tun. Jedoch stößt das wohl nicht immer auf Begeisterung in ihren Beziehungen. Diese Tipps schreibe ich an Frauen in Beziehungen mit Männern, sie sind natürlich auch für diejenigen gedacht, die sich anders definieren.
Wir alle haben bestimmte Erwartungen, wie eine Partnerschaft funktionieren soll. Wir haben festgelegte Überzeugungen und Bedürfnisse. Wir akzeptieren nicht weniger als das Bild, das wir in unseren Köpfen geschaffen haben.
Doch gibt es keine einheitliche Definition von Liebe und keine feste Regel, die bestimmt, wie eine Beziehung auszusehen hat. Wenn wir wollen, dass unsere Beziehungen erfolgreich sind, müssen wir alles verlernen, was wir über Liebe und Intimität wissen. Wir müssen uns auf Beziehungen einlassen und bereit sein, uns von unseren falschen Vorstellungen und vertrauten Mustern zu befreien.
Mir ist kürzlich klar geworden, dass es so viele Mythen über die Liebe und Beziehungen gibt, die uns furchtbar unglücklich machen. Sie machen unsere Beziehungen kaputt und legen die Messlatte so hoch, dass wir nicht mehr unterscheiden können, was real und was total absurd ist. Außerdem geht die Lebendigkeit und Spontanität flöten, weil wir so unfassbar festgefahren sind. Da ich vor ein paar Tagen meinen 17. Hochzeitstag gefeiert habe, dachte ich mir, teile ich mal ein paar Erkenntnisse, die dir vielleicht wieder Freude, Leichtigkeit und Freiraum in die Beziehung bringen.
Hier ein paar Mythen, die du getrost loslassen darfst
In einer guten Beziehung wird nicht gestritten
Falsch! Jeder einzelne Streit, den mein Mann und ich je hatten, führte zu einem tieferen Verständnis von uns selbst (und unserer Beziehung). Meinungsverschiedenheiten gehören zu jeder Beziehung, und es ist in Ordnung, sie zu haben. Konflikte sollten gelöst werden. Ein Streit kann sehr reinigend und auch sehr augenöffnend sein. Kleiner Yogi Tipp: Männer können nicht länger als sieben Minuten am Stück angeblafft werden, dann kommt bei ihnen nichts mehr an. Also, am besten vorher überlegen, was du ihm gern in dieser kurzen Zeit mitteilen möchtest.
Eine Beziehung sollte einfach sein
Manchmal fühlt sie sich tatsächlich leicht an. Es gibt Momente des Glücks, der Geborgenheit und der tiefen Dankbarkeit. Aber es gibt auch Zeiten, da ist es anstrengend, zäh, erscheint furchtbar kompliziert und hart. Ja, eine Beziehung kann hart sein. Da ist es schnurzpiepegal, ob du mit einem Yogi zusammen bist oder nicht. Wir verändern uns ständig und ab und zu macht unser Gegenüber das nicht mit. Aber weißt du was? Das ist total in Ordnung. Du kannst deinen Weg auch gehen, ohne ständig Zustimmung zu erhalten. Deshalb musst du dich nicht trennen. Denke längerfristig. Wir hatten auch mal ein Jahr, in dem ich einfach komplett mein eigenes Ding gemacht habe. Und wir sind immer noch zusammen.
Ihr müsst über alles reden
Wir sollten uns wohl dabei fühlen, mit unserem Partner über alles reden zu können, aber wir sollten nicht das Gefühl haben, dass wir es müssen. Nicht jeder flüchtige Gedanke oder jedes Gefühl trägt auf gute Weise zu unserer Beziehung bei. Es ist also in Ordnung, etwas für sich zu behalten, wenn wir das Gefühl haben, dass es unserem Partner (oder der Beziehung) schaden würde. Wir sollten schwierige Gespräche führen, aber wir sollten uns nicht verpflichtet fühlen, alles zu besprechen, was wir denken oder fühlen.
Hier ein paar Tipps, die meine Beziehung aufrecht halten
Privatsphäre ehren!
Niemals, wirklich niemals gemeinsam auf die Toilette gehen! Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals mit meinem Mann zusammen die Zähne geputzt habe. Das ist für mich der absolute Sex-Killer. Manche finden es romantisch, im Schlafanzug Arm in Arm mit der Zahnbürste im Mund die Zähne zu putzen, ich bin da raus. Ich würde auch nie vor meinem Mann auf die Toilette gehen und möchte ihn auch nicht auf dem Pott sehen. Absoluter Liebeskiller für mich. Ich bin allein im Bad und das schon seit 18 Jahren unserer Beziehung.
Ich habe mein eigenes Schlafzimmer
Ich liebe es, mein eigenes Bett zu haben. Nach vielen Jahren Familienbett mit zwei Kindern hatte ich die Schnauze voll und wollte wieder mein eigenes Reich haben. Es ist klein aber fein. Und jeder hat sein eigenes Zimmer. Wir laden uns gegenseitig ein, das hält das Feuer aufrecht. Ich denke, dass es sehr gesund ist, nicht immer zusammen die Nacht zu verbringen. Kann ich dir nur empfehlen. Wenn das platztechnisch nicht möglich ist, gibt es immer irgendwie eine Möglichkeit, mal im Wohnzimmer mit einer Matratze zu schlafen. Wo ein Wille ist, ist immer ein Weg.
Ich muss keinen Streit sofort klären
Oben hatte ich ja schon erwähnt, dass Streiten gesund ist. Ich bin manchmal nicht in der Lage, einen Streit sofort aufzulösen, weil ich einfach zu wütend, traurig oder zu aufgebracht bin. Ich gehe auch schon mal während eines Streits schlafen. Am nächsten Morgen ist alles meist wieder in Ordnung. Es ist in absolut fein, über Konflikte zu schlafen, sie müssen nicht immer sofort aufgelöst werden.
Ich habe mein eigenes Leben
Es gibt Menschen, die schleppen ihre Liebsten überall mit hin. Ich bin manchmal mit Freunden verabredet und es ist für die vollkommen klar, dass der Partner oder die Partnerin mitkommt. So war ich noch nie. Und ich finde es auch immer ein bisschen befremdlich. Ich habe noch nie eine symbiotische Beziehung geführt. Wenn du dich mit mir verabredest, dann komme ich auch immer ohne Anhang. Spannend finde ich die Leute, die ihre Liebsten auch immer erst fragen müssen, ob sie sich verabreden können. Klar, manchmal muss ich auch schauen, ob mein Mann auf den Hund aufpassen kann, die Kinder sind mittlerweile schon arg selbstständig. Ich frage meinen Mann auch nicht, ob ich reisen kann. Ich sage ihm „dann und dann werde ich weg sein, kannst du das zeitlich organisieren?“. Das Leben ist kurz, ich lasse mich von nichts und niemanden einschränken. Außer natürlich jemand wird in der Familie krank, oder es geht jemanden nicht gut.
Meine Hobbys, deine Hobbys
Auch bei den Freizeitaktivitäten habe ich meinen eigenen Kopf. Mein Mann und ich haben schon mal versucht, gemeinsam Laufen zu gehen. Und ich habe ganz schnell rausgefunden, dass ich nicht so ein Mensch bin. Das erinnert mich immer an die Leute, die gemeinsam Jack Wolfskin Jacken tragen und jeden Urlaub gemeinsam Wandern gehen. Sorry, nichts für mich. Jeder macht sein eigenes Ding und das funktioniert wunderbar. Übrigens halte ich das auch so mit meiner spirituellen Praxis. Jeder hat seine eigene und zur eigenen Zeit. Ich erwarte von meinem Mann nicht, dass er mit mir um 3.45 Uhr aufsteht und das Japji Sahib trällert.
Wir haben ständig Kontakt
Wenn du die letzten Abschnitte alle gelesen hast, denkst du vielleicht, krass, was ist das denn für eine Beziehung. Machen die irgendwas zusammen? Ja. Wir telefonieren auch mindestens achtmal täglich. Um uns zu sagen, dass wir uns lieben, und lustige Dinge erzählen, oder um zu meckern, dass der Geschirrspüler mal wieder nicht richtig eingeräumt wurde (von mir). Wir sind sehr innig, verbringen sehr oft den Abend mit den Kindern und machen etwas Spannendes zusammen. Alles geschieht aber immer freiwillig. Und wenn mein Mann fünf Tage am Stück abends ein Computerspiel spielen möchte, kratzt mich das nicht, denn ich habe mein eigenes Leben und immer was zu tun.
Wir machen Dates
Da wir ja unsere eigenen Zimmer haben, verabreden wir uns. Generell verabreden wir uns immer. Für alles. Und wir gehen jede Woche mindestens einmal aus und wenn es nur ein kleiner Kaffee um die Ecke ist. Aber es ist wichtig, sich außerhalb der eigenen vier Wände zu begegnen und mal über etwas anderes zu plaudern als die Kinder, Schule oder Haustiere. In der Corona Zeit sind wir einfach zusammen spazieren gegangen.
Zuhause immer nett anziehen
Ich glaube, dass es ein großer Fehler ist, sich zuhause gehen zu lassen. Auch im Lockdown habe ich mich morgens immer angezogen, als würde ich in ein Büro gehen. Ich finde es schrecklich, wenn Menschen sich zuhause gehen lassen und fünf Tage am Stück den gleichen Jogginganzug tragen. Natürlich kann die Kleidung „gemütlich“ sein, doch es sollte trotzdem immer fürs Auge sein. Eine Beziehung stirbt, wenn sich einer gehen lässt. Meine Meinung. Gilt übrigens auch für Unterwäsche.
Erwartungen runterschrauben
Dieser Punkt ist wichtig. Welche Erwartungen hast du an eine Beziehung? Schraube sie runter. Kein einzelner Mensch kann und will deine ganzen Erwartungen erfüllen. Trotzdem ist es wichtig, dass du darüber sprichst und klärst, was dir wichtig ist. Und frage nach, was machbar wäre. Und schaut, in welchen Punkten ihr euch treffen könnt. Vergiss aber nicht, auch zu fragen, welche Erwartungen an dich gesetzt werden. Und welche du bereit bist, zu erfüllen.
Ich könnte noch ewig weiterschreiben, lasse dich jetzt aber diese Punkte erst einmal verdauen. Ich bin gespannt, was du dazu sagst, gern erzähle es mir in den Kommentaren!
x Madhavi
© Maria Schiffer
4 Comments
Janina
4. Oktober 2021 at 11:49Liebe Madhavi,
vielen Dank für Deinen Einblick. In manchen Dingen bin ich ganz bei Dir und in anderen überhaupt nicht. 8 Mal täglich telefonieren?! Soviel telefonieren wir glaube ich nicht mal in einem ganzen Monat 😉
Love & Light, Janina
Amberlight
5. Oktober 2021 at 21:34Spannende Einblicke und einiges zum weiterdenken. Hab vielen Dank dafür.
Christiane
24. Oktober 2021 at 20:21Wir sind ganz ähnlich gestrickt und schon seit 26 Jahren glücklich und zufrieden. Wir haben auch Freunde und Bereiche die nur uns gehören und das ist mir sehr wichtig! Erstmal eine Nacht drüber schlafen ist oft gold wert und löst vieles auf.
Und auch mal was für sich zu behalten finde ich richtig!
Lieben Dank für deine Worte…
Ane-san
Sevapreetpossible
19. Dezember 2021 at 8:39Oh toll, ich spüre dieses Wesen und denn ich bin es auch. Meine drei Beziehungen dauerten immer ca. 6-8 Jahre und zwischendurch, wenn ich ohne Partner war, blieben meine On/Off-Partner auch bis heute in meinem Energiefeld. Denn ich liebe und lebe so, wie du es beschreibst. Mit 15 Jahren war ich so erwachsen wie Jeanne d’Arc und hatte Visionen, die in meinen frühen Dreißigern in einer Extrapolation des Neuen durch die Religion der Sikh mündeten und durch die ich merkte, dass ich jedes Jahr aufs Neue lerne und es immer noch mehr zu entdecken gibt, jedoch immer mit der Seinsweise das eigene Leben auf der Grundlage der Wahl zwischen akzeptablen Alternativen zu bestimmen, die die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer bei der Bewältigung des Alltags minimieren. Heute bin ich Mutter und erst 38 Jahre alt, Kundalini hält mich jung.