Column

Madhavi & das Leben // Wir müssen nicht ständig rennen!

27. August 2021
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Mein Motto war schon immer, das Leben ist kurz, packen wir es an. Dass das Leben schnurstracks vorbei sein kann, habe ich schon recht früh erfahren, mit all dem verbundenen Leid. Meine beste Freundin starb mit nur sechs Jahren in ihrem Zimmer im tobenden Feuer während einer lauen Sommernacht, weil ihr Vater im Suff mit der Kippe in der Hand im Bett eingepennt war und dadurch sämtliche Menschen mit in den Tod riss.

Meine Freundin und ich hatten am frühen Abend noch so schöne Blumen mit weicher bunter Kreide auf den Gehweg gekritzelt. Als wir zum Essen gerufen wurden, umarmten wir uns flink und verabredeten uns für den nächsten Nachmittag, der zwar kam, aber meine Freundin nicht. Die Kreide-Blumen waren auch futsch, der strömende Regen hatte sie weggespült.

Wie das Leben so ist, starben nach und nach weitere mir sehr wichtige Menschen. Manche durch Krankheit, andere durch tragische Unglücke. Ich setzte mich intensiv mit dem Thema auseinander. Mit neun las ich „Leben nach dem Tod“ von Raymond A. Moody und war fasziniert davon. Elf Jahre später traf ich den Autor, der so unfassbar durchgeknallt schien, dass ich das Buch nicht mehr ernst nehmen konnte. Ich fand meinen ganz eigenen Bezug zum Thema Tod.

Manche Menschen, die früh ihren Körper verließen, waren rastlose Universalgenies, die ihre Kerze an beiden Enden brennen ließen. Es gibt einige solcher Menschen. Die kurz auf die Welt kommen, einen großen Eindruck hinterlassen und plötzlich im Nichts verschwinden.

Nicht ständig an die eigenen Grenzen bringen

Für mich war immer klar, dass ich mein Leben nach meinen Regeln leben möchte. Das ich bestimmen möchte, in welche Richtung mein Leben läuft. Wir haben so viel mehr in der Hand als wir denken. Auch wenn es wichtig ist, nicht lange zu warten, um etwas in die Hand zu nehmen, etwas in die Tat umzusetzen, glaube ich nicht daran, dass es gut ist, sich ständig an die absolute Grenze zu bringen. Das ist nicht gut für die Seele und auch nicht für die Gesundheit.

Das Leben ist kurz bedeutet nicht, dass ich kopflos durch die Gegend rase, um irgendwie einen Eindruck und ein Vermächtnis zu hinterlassen, weil ich ja morgen schon nicht mehr auf der Welt sein könnte. Im Gegenteil. Warum nicht mal langsamer werden und in die Tiefe gehen? Schritt für Schritt kleine Dinge durchführen, die dann zusammen etwas für uns Großartiges ergeben? Wir können auf hundert Hochzeiten tanzen, doch welche davon ist wirklich wichtig?

Die meisten Menschen auf diesem Planeten sind nicht hier, um sich zu beweisen. Nimm dir vor jeder Aktion Zeit, deine Motivation zu hinterfragen. Frage dich: Warum will ich das tun? Versuche ich, mich jemandem zu beweisen? Beweisen, dass ich eine talentierte Mutter, ein kümmernder Vater, loyale Freund:in oder fleißige Mitarbeiter:in bin? Fühle ich mich gerade wertlos und versuche, diesen schmerzhaften Gefühlen zu entkommen? 

Die Wahrheit ist, dass dem Selbst eigentlich nichts fehlt. Wir müssen uns nicht ständig selbst übertrumpfen. Wir dürfen auch leise sein, keinen großen Eindruck hinterlassen, wenn uns danach ist. Das Leben, ohne Stress und ohne uns zu verbiegen, einfach genießen. Aber wir können, wenn wir möchten, uns jederzeit in unserem Sein ausdrücken. Das muss wirklich ein Wunsch aus dem tiefsten Inneren sein. Es gibt Menschen, die möchten stets Nr. 1 sein. Die einen, weil sie damit ihr Ego aufpimpen, andere, weil sie wirklich etwas zu sagen haben und so viele Menschen wie möglich erreichen möchten. Immer eine Wahl, wenn wir ganz ehrlich sind. 

Wichtig ist es, dass wir ein ganz starkes Fundament mit Nerven wie Drahtseile aufbauen, denn die Zeiten werden nicht leichter. Dafür ist unsere spirituelle Praxis da, als ein Anker. Dann sind wir auch seltener überfordert und schaffen unsere Projekte und Ziele mit Ruhe und Gelassenheit. Manchmal ist ein Gang zurückschalten und die richtigen Prioritäten setzen die klügere Entscheidung. Nichts muss mit Hast geschaffen werden. Im Gegenteil! Aus der Tiefe entstehen die schönsten Dinge! Und jetzt nimm einen tiefen Atemzug, entspanne die Schultern und lass die Seele baumeln!

Schönes Wochenende,

Madhavi

© Maria Schiffer

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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  • sternenglück
    28. August 2021 at 16:10

    Danke.

  • Sandra Röseler
    29. August 2021 at 13:11

    Danke, liebe Madhavi, deine Zeilen bedeuten mir heute sehr viel und treffen genau auf ein Bedürfnis und einen alten Schmerz. Besonders die Zeile mit ‚es gibt Menschen, die kurz auf die Welt kommen, einen großen Eindruck hinterlassen und wieder verschwinden‘ hat mich sehr geflasht. Namaste.

  • Traumfänger
    13. September 2021 at 18:30

    Sehr gut geschrieben! Ich denke wir bekommen viel mit auf den Weg, dass wir uns ständig mit anderen messen müssen. Beginnt ja bereits im Kindergarten und zieht sich das ganze Leben hindurch. Seis durch Medien oder unseren Mitmenschen. Leistungsgesellschaft.
    Dass uns das jedoch auf lange Sicht gesehen nicht glücklich machen wird, sehen leider viele nicht..

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