Es ist schon lange her. Ich kam grad vom Yoga. Schlenderte strotzentspannt in die Umkleidekabine. Ich war sehr leise. Ich hörte zwei Frauenstimmen – flüsternd lästern. Ich fand es spannend und hörte mit einem Ohr zu, während ich versuchte, meine knallenge Leggings abzustreifen . Beide Frauen schaukelten sich mit ihren Gemeinheiten hoch und aus dem Flüstern wurde ein lauteres Gespräch. Keine der Damen merkte, daß ich in der Umkleidekabine war, denn die hatte die Form eines Labyrinths.
Irgenwann hörte ich ganz genau hin, denn es ging doch tatsächlich um mich. Immer wieder hörte ich meinen Namen. Mir wurde heiß. Wer hört schon gern Menschen zu, die schlecht über einen reden. Ich erkannte stimmlich eine Frau, die oft während der Yogastunde neben mir lag. Die unfassbar freundlich wirkte, und mir ständig Komplimente machte. Ich fiel aus allen Wolken, als ich ihre boshaften Worte wahrnahm.
Nachdem ich meine Sachen zusammengepackt hatte, schaute ich um die Ecke und wünschte beiden einen schönen Abend. Ihnen fiel die Kinnlade runter. Es war: Kein schönes Erlebnis. Ein Jahr später traf ich die eine Frau auf einem Yogaworkshop wieder. Sie lächelte mir ins Gesicht, ganz vergessen, was ein Jahr zuvor geschehen war. Ich lächelte nicht. Nach einer Meditation kam sie zu mir und fragte doch tatsächlich, was denn mit mir los sei. Ich war fassungslos und erwähnte kurz, warum ich keine Lust habe, mit ihr zu sprechen und sie zog beleidigt ab.
Jahre später kann ich sehen, daß diese kleine Nudel wahrscheinlich einfach nur neidisch war. So wie es schien auf meine Yogapraxis, denn sie beschuldigte mich, zwanghaft ehrgeizig zu sein. Wer mich kennt, weiß, daß ich vieles bin. Ehrgeizig, nein, sicher nicht. Ihr gefiel nicht, daß ich glücklich war. Das ich das hatte, was sie sich wünschte: Zufriedenheit. Eine ganz natürliche Zufriedenheit, die auch die Querelen des Lebens einschloss. Sie konnte es nicht ertragen, daß ich neben ihr einfach schien. Leuchtete, ohne mir Mühe geben zu müssen, weil ich einfach mit dem was war, im Einklang war.
Bevor ich nach Paris zog, wohnte ich bei einer Freundin. Sie war Zahnärztin, ich war irgendwie noch nichts. Eine meditierende Lebenskünstlerin vielleicht, die mal hier und mal dort lebte. Ich mochte sie sehr gern, merkte jedoch schnell, daß sie immer kühler wurde. Auf einer Party kam sie sturzbetrunken auf mich zu und schrie mich vor allen Leuten an: „Ich hasse dich. Du bist so verdammt frei. Du machst was du willst. Und du bist, egal was du tust, immer glücklich. Verschwinde aus meinem Leben……“ Sie meinte es kackernst und ich packte meine Sachen.
Für manche Menschen ist es schwer, Menschen um sich zu haben, die glücklich und zufrieden sind. Sie suchen ständig nach einem Haken. Viele Leute können es nicht ausstehen, wenn Menschen erfolgreich, kreativ und vielleicht auch noch gut aussehend sind. Es ist ihnen ein Dorn im Auge. Ich glaube es ist ein typisch deutsches Problem. Hat jemand mehr, egal was, wird gelästert, gedisst, gemobbt, daß die Balken krachen.
Eine Freundin sagte neulich: „Die Claudia hat so einen Erfolg. Ich habe aufgehört, ihre Fotos auf Facebook zu liken, soll sich die Alte nicht noch besser fühlen.“ Herzlichkeit hört sich anders an. Eine Yogastudiobesitzerin sagte: „Der Nadja gebe ich natürlich nicht die besten Yogaklassen. Die muß ich klein halten, sonst wird sie mir zur Konkurrenz.“
Warum kommen wir mit der Zufriedenheit, dem Glück anderer nicht klar? Warum können wir damit nicht umgehen? Warum ständig dieser Neid und Missgunst? So eine furchtbare Zeitverschwendung. Würden wir uns mehr unserem Leben zuwenden, könnten wir an unserer Zurfriedenheit arbeiten. Das Leben leben und nicht das der anderen. Wir könnten innerlich wachsen, wenn wir uns an dem Erfolg anderer erfreuen. Herzlich sind. Es ihnen mitteilen. Gute Arbeit honorieren. Offener sein.
Mittlerweile kann ich sagen, daß es herrlich an mir abprallt, wenn ich herausbekomme, daß jemand schlecht über mich redet. Gift versprüht. Andere anstachelt. Ich spüre das. Energetisch. Ich gebe der Person keine Energie, bleibe mit meinem Herzen verbunden, ziehe weiter und erfreue mich an meinem Leben. Das macht mich unheimlich frei. Denn es gibt immer Menschen, die einen nicht leiden können. Ich bin nicht auf der Welt, um es den Menschen recht zu machen. Ich möchte mich an meinem Leben erfreuen, zusammen mit den Menschen, die ähnlich denken wie ich, die ihre Zeit in wichtigere Dinge stecken als in Missgunst und Neid.
Das heißt nicht, daß ich mich nicht auch mal über jemanden auslasse, im Gegenteil, keiner ist ein Engel, aber es sollte immer weniger werden. Daran kann jeder von uns arbeiten.
Die Menschen erkennen selten das eigene Glück, doch das der anderen entgeht ihnen niemals.
André Gide
24 Comments
thesmellofgreen
13. Oktober 2013 at 19:30Toller Text und so wahr!
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 19:32Danke, das ist sehr lieb. Xxx
Kathrin
13. Oktober 2013 at 19:41Oh ja, kenn ich. Vor allem aus Deutschland… Erstaunlicherweise habe ich in der Schweiz schon einige male genau das Gegenteil erlebt. Schön, es geht also auch anders!
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 19:42Die Deutschen sind das missgünstigste Volk auf Erden!
mondschattin
13. Oktober 2013 at 19:44Was für ein toller, wahrer Text, Madhavi. Danke dafür.
Ganz liebe Grüße von Maria
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 19:45Danke, Maria xxx
vera
13. Oktober 2013 at 19:45danke für diesen reminder <3
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 19:45🙂
healingyoga
13. Oktober 2013 at 19:52“People will love you. People will hate you. And none of it will have anything to do with you.”
― Abraham Hicks
🙂
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 19:52Yes!
Heike
13. Oktober 2013 at 20:15lustig … denn ausgerechnet dass hier hab ich unter das Foto einer Freundin heut mittag gepostet: „Es sei euch gegönnt! Hätt ich n Auto hätt ich euch besucht, das stimmt! Aber soooo … mach ich das beste und nein kein Neid! Eher grooooße Freude auf kommenden Freitag! *juhuuu*“
Und Madhavi in der Tat ich hatte große Freude deinen Text zu lesen und kann das sehr sehr gut nachempfinden!!! 🙂
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 20:17Danke für Deinen Kommentar, Heike 🙂
Gabriele Paloh
13. Oktober 2013 at 20:20…wie wahr…..wie wahr….und manch.al auch etwas schmerzlich….wenn man /ich immer an das gute glaubt…. <3….neid ist so was von unsinnig ….
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 20:21Jep. So unsinnig!!!
Romi
13. Oktober 2013 at 23:12Toller Text!! <3 Neid ist furchtbar und raubt einem nur Energie!
Ich wünsche dir einen schönen Abend.
Liebe Grüße
Romi
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 23:12Danke, Romi! <3
Frau Süd (@FrauSued)
13. Oktober 2013 at 23:16Während ich (fast) nichts so sehr hasse wie dieses „Hinter-dem-Rücken-Gelästere“ so bin ich leider selbst weder so beneidenswert gleichmütig wie Du (aber ich arbeite daran!) dass es mich nicht mehr extrem ärgert wenn ich es merke wie jemand über mich lästert, noch schaffe ich es diesen miesen Neid los zu werden (aber ich arbeite noch härter daran bzw. versuche diesen in gewisser Weise als Motivation zu sehen, denn es ist definitiv der einfacher Weg neidisch zu sein als selbst dafür zu „arbeiten“ ein glückliches, erfülltes Leben zu führen und sich mit und für andere zu freuen.).
Danke für diesen Post! Es müsste ein grosses Ausrufezeichen dahinter sein! Hinter jedem einzelnen Satz!
Kaerlighed
13. Oktober 2013 at 23:17Du bist ein Schatz!!! Es ist nicht immer einfach! Aber lohnenswert. Ich arbeite jeden Tag dran und manchmal versage ich kläglich 🙂
zitronentarte
14. Oktober 2013 at 5:20Neid muss man sich erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt! 😉
Lasse lästern, die Giftspritzen! Freut mich, dass es Dich kalt lässt!
🙂
LG
Karmindra
14. Oktober 2013 at 6:21Wundervoller Text!
Liebe Grüße
Karmi
konsumrebellin
14. Oktober 2013 at 12:42Ein schöner, wahrer Text … und trotzdem ertappe ich mich gerade dabei, dich zu ein bisschen wegen deiner tollen Gelassenheit zu beneiden … aber vielleicht ist beneiden das ganz falsche Wort, bewundern wäre besser 😉
Schwarzdorn
14. Oktober 2013 at 16:50Danke für den Text. Diese Entspanntheit muss ich auch noch für mich lernen.Mir fällt es nämlich total schwer,mit diesen ganzen fiesen Spielchen,die in der Gesellschaft so üblich sind,umzugehen.
SanDy
3. September 2015 at 13:52Was für wahre Worte. Zum Glück habe ich den Artikel gerade gelesen!!!
Eine perfekte Zusammenfassung und ein typisches Beispiel. Denn auch ich kenne solche Menschen, die es nicht sehen können, wenn es einem gut geht und man glücklich ist.
Schwierig ist es nur diese Gelassenheit zu erreichen, dass einem solche Menschen völlig egal sind. Jedenfalls ist es noch schwieriger, wenn es die eigene Familie betrifft.
mingasmadlmarie
30. April 2016 at 16:40wie recht du doch hast.. übe dein eigenes Glück zu erkennen – Tag für Tag!