In den letzten Wochen bin ich immer wieder verstärkt auf Texte und Zitate gestoßen, die sich vermehrt und eindringlich auf Empowerment bezogen. Das ist doch schon eingedeutscht und kann ich so stehenlassen, oder? Es passiert häufig auf die gleiche angestrengte Art und Weise: indem wir uns einreden, dass wir so viel mehr Macht über unsere Situation haben, als wir denken – dass wir unser Schicksal selbst gestalten können; die Welt liegt uns zu Füßen. Das mag vielleicht so sein, aber ist es wirklich immer ermutigend? Ich glaube, wir haben die letzten Monate ganz gut gespürt, dass wir einfach einen Haufen Dinge nicht in der Hand haben und der Frustpegel ziemlich hoch ist.
Die Welt dreht sich täglich, und zwar schnell, in eine Richtung, die wir nicht bestimmt haben. Sie wird nicht anhalten und beginnen, um mit unseren Wünschen übereinzustimmen. Ich glaube, es ist ganz gesund, zu erkennen und auch anzunehmen, dass wir in vielen Dingen machtlos sind. Das ist auch überhaupt nicht negativ gemeint. Sind wir immer der Meinung, wir haben alles in der Hand und sehen auf einmal, dass es gar nicht so ist, kann das ganz schön frustrierend sein. Manche fallen in ein großes Loch. Doch das muss gar nicht sein.
Ich glaube fest daran, dass wir uns „empowered“ fühlen, wenn wir wirklich begreifen und uns damit anfreunden, wie machtlos wir sind. Wenn wir verstehen, wie klein unser Einfluss ist, werden wir ermächtigt, die Dinge zu tun, die wirklich etwas bewirken. Weil wir einfach mal die rosarote Brille abnehmen und uns mit der Realität auseinandersetzten.
Es fängt bei dir an
Dieser Einflussbereich beginnt und endet im Grunde mit uns selbst. Natürlich kann er sich auf diejenigen ausweiten, die uns nahe stehen – auf Familie, Freunde und Kolleg*innen. Die effektivste Arbeit, um selbstermächtigt zu sein ist an dir selbst. Du hast nicht in der Hand, welche Gedanken zu dir kommen, doch kannst du wählen, wie du mit ihnen umgehst. Welche Aufmerksamkeit du ihnen schenkst. Das ist schon eine der stärksten Ermächtigungen. Denn damit kommt die Macht, echte Veränderung zu bewirken. Wir fangen bei uns selbst an. Wenn du die Kontrolle über dich selbst hast, über die Gedanken, die du fütterst, über die Versprechen, die du dir gibst und einhältst, welche Menschen du in dein Leben lässt, hast du eine Macht, die viele Menschen nicht haben. Und damit kannst du enorm viel bewirken.
Das Problem ist jedoch, dass es wirklich schwer ist, diese Art von Macht über sich selbst zu erlangen. Unser Verstand ist so aktiv und instinktiv – er rast umher und arbeitet auf der Grundlage konditionierter Gewohnheiten – dass wir selten mit unseren Gedanken allein sitzen und unseren Fokus und unsere Aufmerksamkeit effektiv gestalten können.
Das ist der Grund, warum es schwierig ist, effektiv zuzuhören. Das ist der Grund, warum es schwierig ist, fokussiert zu arbeiten. Das ist der Grund, warum es ein so großes Interesse an spirituellen Praktiken aller Art gibt – weil sie diese Art der Arbeit an sich selbst stark betonen.
In der Ruhe entsteht Selbstermächtigung
Ich erlebe seit Jahrzehnten, wie Menschen in der Wellness Szene von einer Ausbildung zur nächsten hüpfen, ständig etwas Neues ausprobieren, in der Hoffnung, jetzt anzukommen, aber kein Stück in ihrem Wachstum weiterkommen. Mehr und mehr Zertifikate anhäufen, weil diese eine Kontrolle über den Status schenkt. Die Zeiten sind vorbei! Du darfst ankommen. Finde eine Praxis, die dich nährt. Praktiziere sie, werde einfacher. Du wirst sehen, dass du viel mehr mit deinem ganz eigenen Potenzial in Verbindung kommst.
Spiritualität ist sehr simpel. Es ist die Stetigkeit, die uns wachsen lässt. Es ist die Erkenntnis, dass in uns allein ein riesiges Universum liegt und es schon enorm kraftvoll ist, wenn wir uns auf die Einfachheit der Dinge konzentrieren. Einfach mal aufhören, alles kontrollieren zu wollen, nach innen lauschen. Erkennen und annehmen, auch mal machtlos zu sein. Die Schönheit der Ungewissheit annehmen.
Mit dieser Erkenntnis kommt die Befreiung. Wir sind frei, bei Null anzufangen und schrittweise Fortschritte zu machen, um mit den Ebbe und Flut des Lebens zu arbeiten – statt dagegen. Wir sind frei, mit unserem Verstand zu arbeiten, um ihn geschickter und klarer werden zu lassen – statt gegen ihn zu arbeiten. Wir sind dann frei, enorm kraftvoll zu sein – und das alles, weil wir annehmen, dass wir eigentlich ganz machtlos sind. Was für eine Erleichterung!
x Madhavi
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