Wenn ich in meinem LIEBLINGS-YOGASTUDIO bin, lege ich meine Yoga-Matte grundsätzlich in die letzte Reihe, ganz links außen. Dort fühle ich mich sauwohl. Die Lehrer sind fantastisch. Wenn man artig ist, kriegt man in der Endentspannung sogar eine Nackenmassage.
In dieser Ecke atme ich hübsch, baue mein Kraftfeld auf und mein Schildchen kann aus der Unterbüx baumeln, ohne daß sich jemand daran stört.
Ich baue mir sozusagen meine kleine Turninsel. Schotte mich von der Außenwelt ab, um geschwind in meine ach-so-tiefen Sphären hineinzutauchen. Wenn sich jemand neben mich legt , kann es passieren, dass ich urplötzlich Platzangst bekomme. Wenn mir zum Beispiel der Geruch der Person nicht so zusagt. Es mir zu eng wird oder einfach, weil es mir gerade nicht passt. Ganz wendig ändere ich dann meine Position. Verlasse flix mein Territorium und begebe mich ganze zwei Meter nach rechts. Das darf ich. Denn: Das ist MEINE heilige Zeit!
Neulich war ich in einer Yogastunde in einem anderen Studio. Dort bin ich nicht so oft und garantiert werde ich da auch nicht wieder aufschlagen. Mir wurde vehement vorgebetet, wo ich exakt zu liegen habe und durfte meine zitronengelbe Matte sofort wieder in meinen Spind verbannen, weil – farbige Yogamatten: Zu viel Lebensfreude und nicht erwünscht!
Ich hatte mir meine Yogazeit hart erkämpft. Wer samstags versucht, Flucht vor der Familie zu ergreifen (die die ganze Woche nur spärlich zusammenkommt) um 1,5 Stunden yogisch rumzuturnen, weiß wovon ich rede. Ganz zu schweigen von dem schlechten Gewissen.
Ich wurde hochrot und fluchte innerlich. ICH sollte in der ersten Reihe liegen! Obwohl der ganze Raum frei war. Für manche ist das ein Klacks, ich hasse nichts mehr als das. Ich will meine Ruhe. Den Yogalehrer halbwegs sehen und mit sanfter Stimme vielleicht auch noch hören. Ich will nur mit mir sein, in einer kleinen Ecke, ganz hinten. Da ich es zu Hause irgendwie gerade allein nicht gebacken kriege, Yoga zu machen, gehe ich halt ins Studio.
Wenn ein Lehrer mir herrisch erzählt, wo ich mich hinlegen soll, frage ich ihn WARUM. Nicht, dass ich es nicht weiß. Ich war schließlich lang genug Yogalehrerin. Hat der Lehrer trotzdem ein gutes Argument, mache ich natürlich bereitwillig mit. Schließlich kann es immer einen guten Grund geben. Kommt er mir mit dem Argument „Verhaftungslosigkeit“ (in etwa so: Alte, wenn du deinen kleinen Hintern mal in die andere Ecke des Raumes bewegen würdest, wäre es mit der Erleuchtung nicht mehr ganz so weit!), kriegt er imaginär von mir eine gescheuert.
Ich möchte selbst entscheiden, wo ich in meiner Freizeit liegen möchte. Ich will mich nicht in VERHAFTUNGSLOSIGKEIT üben, wenn ich nicht muß. Schon gar nicht, wenn ich dafür bezahle!Das ist ein Feld, daß ich nicht bedienen möchte. Basta!
Ich will mich nicht an meinem Widerwillen reiben. DENN das tue ich schon den ganzen lieben Tag! Das Leben ist hin und wieder schon ungemütlich genug, da möchte ich doch bitte nicht künstlich eine Hürde vor die Nase gehalten bekommen und dämlich belehrt werden. Außerdem habe ich nicht vor, ein Super-Yogi zu werden. Ich will einfach nur abschalten. Punkt. Aus.
Diese Unbeständigkeit, mit der wir tagtäglich zu kämpfen haben, die möchte ich während der Yoga-Stunde umgehen. Ich möchte mich dort wiederfinden. SEIN DÜRFEN. So wie ich bin. Ohne Trara, ohne Schleier. Einfach ich. An dem Platz, an dem ich mich wohl fühle! Nicht bewertet werde, weil ich vielleicht die falsche Hose anhabe. Nagellack an den Flossen. Ich will nicht extra SCHEIßE zu mir sein müssen, mich wie ein Knecht zurücknehmen, nur damit der Lehrer sich in seinem Riesen-Ego bestätigt fühlt.
Ich funktioniere so nun mal nicht. Ich habe auch ein sehr festes Ego. Dies sagte mal eine Yogalehrerin zu mir, (übrigens aus dem gleichen Studio!) die mindestens das doppelte Volumen meines Selbstkonzepts mit sich führte!
Ich finde, ich meistere mein Leben schon ganz gut. Die Kinder schlafen die ganze Nacht nicht und brauchen meine Nähe? Kein Problem, ich wuppe den Tag danach, ohne mit der Wimper zu zucken. Es gießt in Strömen? Macht nix, ich fahre trotzdem mit dem Fahrrad von Hamburg nach Timbuktu. Ich finde ich bin durchaus flexibel. Ich stelle mir tagtäglich selbst Herausforderungen. Auch wenn ich keine weißen Yogaklamotten trage, nicht mit OM SHIVA SHAKTI grüße, bin ich doch ein sehr spiritueller Vogel. Ich mag nur keine überheblichen Yogalehrer, die sich wie Gott aufführen und meinen, mich erziehen zu müssen! Da turn ich doch lieber zu Hause! Namasté!
19 Comments
healingyoga
5. November 2013 at 6:50hahahahahaha…herrlich! stimme zu! om shiva shakti, sandra
Nina
5. November 2013 at 7:51Wie recht du hast…. Genau so geht es mir auch!
navucko.
5. November 2013 at 9:38oh jeee! ach man, lass Dich nicht unterkriegen! 🙂
blöde nuss … ich guck mal, ob ich da auch mal hin kann.. also zu dinem üblichen yogastudio :))
Sandra
5. November 2013 at 9:52Wunderbar und leider oft sehr wahr….und ich liebe meine grasgrüne Yogamatte,sie macht mich so unsagbar fröhlich….und meine Nägel Strahlen im satten Orange…keine Verbiegung für irgendjemand anderen außer uns selbst…Namaste(ach und ja-ich liebe deinen Blog)und beste Grüße Sandra
zitronentarte
5. November 2013 at 10:14Gehn nicht mehr hin, die ist doof!
Undine
5. November 2013 at 11:10wow, sehr militärisch – wo ist das denn passiert?
Kaerlighed
5. November 2013 at 11:40haha! Vielleicht eher ein büsschen steif und eingefahren? xxx
Kaerlighed
5. November 2013 at 11:40Sag ich Dir heimlich
Kaerlighed
5. November 2013 at 11:40Ja, laß uns zusammen gehen!!!!
Undine
5. November 2013 at 12:18🙂
Imke
5. November 2013 at 14:09Seit dem Sommer gehe ich auch wieder 1x die Woche zum Yoga.
Die ersten Wochen lag ich mal hier, mal da. Und wenn nur wenige Leute da waren, bin ich auch auf Aufforderung der Lehrerin näher heran gerückt.
Aber mittlerweile habe ich auch einen festen Platz, an dem ich liege. Ebenfalls hinten, aber ganz rechts. Links neben mir liegt eine 82! Jährige.
Irgendwie ist das mein Platz, da fühl ich mich wohl.
Und da bleib ich auch! 😉
Warum tragen Yogis eigentlich weiß?
Mathilde
5. November 2013 at 13:10Zum Glück hat man ja die Wahl… Ich habe auch länger gebraucht, um eine Yogalehrerin zu finden, die zu mir passt… Es gibt aber bestimmt Menschen, die genau das brauchen, was du da erlebt hast 😉
blackcatslife
5. November 2013 at 15:18Hahhaaa ich lach mich schlapp – aber genau so ist es! Ein erzwungenes „Frei machen“ klappt nie und bewirkt eher das Gegenteil – sowas brauchen wir zu unserem voll gestopften Alltag nicht auch noch! 😀
Kaerlighed
5. November 2013 at 16:45So isses!!!
Kaerlighed
5. November 2013 at 16:46Weiß = Ein Zeichen für Reinheit. Sattva.
Imke
5. November 2013 at 20:37Ah…Danke! Hätte ich mir auch denken können. 😉
michaela
6. November 2013 at 11:22Ja, das Ego abzulegen ist die schwerste Übung von allen ,o)
Vanessa
12. November 2013 at 15:37herrlich ehrlich geschrieben! 🙂 gefällt mir!
Kaerlighed
12. November 2013 at 15:37Merci!!!