Dieser Artikel von mir erschien im Yoga Deutschland Magazin Nr. 6.
Neulich schrieb eine Frau als Kommentar folgendes unter einen Artikel von mir: „Bist du die Carrie Bradshaw (von Sex and the City, Anm. der Redaktion) der Yoga-Blogs?“ In meinem Artikel ging es um einen Aufenthalt auf einer Yoga-Messe und ich schrieb, dass ich meine Stan Smith Sneaker in die Ecke warf – ich war total erschöpft vom langen Stehen. Die Schuhe passten der Dame vielleicht nicht so gut zum Bild eines Menschen, der Yoga praktiziert. Ich deutete ihre Bemerkung zunächst zynisch, wollte mich irgendwie darüber ärgern, um dann aber das Beste daraus zu machen.
Vorurteile machen das Leben nicht hübscher!
Menschen packen uns gern in Schubladen. Bilden Vorurteile. Wir selbst stecken uns gern dorthinein. Ich ja auch. Sind wir spirituell, haben wir das Bild eines ewig in sich ruhenden Wesens in uns, immer gütig, immer sanft. Die Kleidung hat auch so auszufallen, spirituelle Menschen erkennt man an ihrem Outfit. Sofort. Stimmt das? In den 70er und 80ern war es vielleicht so, aber mittlerweile gibt es eine wunderbare Entwicklung zum urbanen Meditierenden. Schluss ist mit Rauschebart und Glöckchen an den Fußgelenken. Warum sollten wir denn nicht nette Klamotten tragen und fantastische Yoga-Retreats besuchen? Solange ich mich noch auf mich selbst besinne? Wenn man die Möglichkeit hat, warum sollte man darauf verzichten? Für den Yoga? Für den vermeintlichen Guru? Ich trage fast immer Nagellack. Bin ich deswegen zu weltlich? Muss ich jedem erzählen, was ich vor meinem Altar mache? Wie lange ich täglich meine spirituelle Praxis verrichte? Bin ich ein besserer Mensch, wenn ich meine Spiritualität nach außen trage, um mir meine Bestätigung zu suchen?
Spiritualität fängt im Alltag an!
Ich habe rausgefunden, dass grad die Menschen, die nach Plan, äh, nach der Bhagavad Gita leben, nicht unbedingt liebevollere Wesen sind. Im Gegenteil. Sie lieben Vorurteile und schließen andere Menschen genauso oft aus, wie wir. Das ist menschlich. Daran kann man arbeiten. Aber unter dem orangefarbenen Mantel der Spiritualität lässt sich alles viel besser vertuschen. Wie schön ist es, wenn jeder an seinem Wachstum arbeitet. Ob nun mit Stan Smith Sneakern oder Bastpuschen. Das ist doch völlig egal. Hauptsache wir sind einfach so, wie wir sind. Wie war das? Mein Körper ist mein Tempel? Kann ich dann entscheiden, was ich daraus machen möchte? Ich kann mich jeden Tag aufs Neue erfinden. Heute Tannenbaum, morgen asketische Eiche. Ich bin der Meinung, so lange ein Mensch authentisch ist und sich nicht versteckt, mit dem was ist, ist doch alles in Ordnung, oder? Ist doch egal – ob mit Modefimmel oder ohne. Ich lasse die Vorurteile heute mal beiseite. So, nun pfeffere ich endlich meine Schuhe in die Ecke und gehe meditieren.
Vorurteile und du? Yes or no?
Photo Credit: Pavel P
Noelle
29. Juli 2014 at 7:28Gute Schuhe, gute Einstellung, guter Artikel!
Auch ich verzichte gerne auf Rauschebart, Fußglöckchen und orangefarbenen Mantel und das tut meiner persönlichen Spiritualität keinen Abbruch!
Mein Selbstversuch: weniger bewerten, weniger urteilen, mehr bei mir selber sein.
peace out,
Noelle
Madhavi Guemoes
29. Juli 2014 at 21:49Haha, danke. Sehr gut!
Mä
5. August 2014 at 9:53Tolle Worte liebe Madhavi,
leider ertappe ich mich selbst noch oft genug dabei, andere Menschen oder auch mich selbst in Schubladen zu stecken, aber ich denke, der Moment des „Ertappens“ ist vielleicht schon der erste Schritt zur Besserung. Denn ist man sich des Gedankens erst einmal bewusst, kann man sich besinnen und dem Geist ein klares „STOPP“ vor den Latz werfen 😉
PS: Ich liieebe deine Artikel und bleibe weiterhin treue Leserin
lg Mä *** von http://www.es-gruent-so-gruen.de