Wenn ich die letzten Tage durch das Netz wandelte, oder Menschen analog traf, ja, das kommt vor, kristalisierte sich ganz schnell heraus, dass alle einen raffinierten Plan für das neue Jahr in ihrem politisch korrekten Jute-Beutel bereit hielten. Hübsch gegliedert und flott durchdacht. In ihren Köpfen, ich bin immer noch ganz beeindruckt, Positivität und Leidenschaft.
Während ich noch ganz beschwipst vom Kinder Champagner das laute Januar Getöse, welches in etwa so klingt: „Antreten! Sofort! Marsch, Marsch!“ getrost ignoriere, mich nicht einlullen lasse, sind alle anderen schon durch den imaginären Vorhang der guten Vorsätze geschritten und ganz plötzlich, jaja, tritt die Erleuchtung ein – der schon immer gewünschte Perspektiv-Wechsel. Hach, wenn es doch nur so einfach wäre.
Ein neues Jahr ist wie eine Plage. Ach, was schreibe ich, Sylvester fängt das Übel ja schon an. Was für ein unsäglicher Druck. Ich bin keine Freundin von Heiterkeit auf Knopfdruck, davon werde ich so müde. Ich bin sehr froh, dass ich Kinder habe, die kann ich in der Sylvester-Nacht vorschieben, vielleicht sind sie ja müde, müssen plötzlich um 22 Uhr kotzen oder haben Bauchweh.
Leider funktionierte dies Sylvester 2014 nicht mehr, sie werden größer und haben kein Mitleid mit ihrer schwächelnden Mutter. Deshalb hieß es: aushalten bis Mitternacht. Um 0.30 Uhr lag ich endlich im Bett und zog die Decke über beide Ohren und hoffte inständig, dass das Jahr nicht wieder so schnell vergeht.
Ich denke natürlich nach. Manche schimpfen auf Ziele und wilde Pläne für die Zukunft wie die Mehrheit auf Pegida. Andere wiederum schwören auf ein durchdachtes, äh, verplantes Leben. Und dann merke ich, dass ich gar nicht mehr weiß, was eigentlich in diesem Spiel meine Meinung ist. Kennt ihr das?
Da schätzt man eine Person, die hat ihre Meinung. Dann gleicht man die mit der eigenen ab und wenn es nicht hinhaut mit der Einigkeit, dann fühlt man sich so schutzlos. Das ist der Moment, wo man sich überlegt, ob man sich einfach nicht einmischt. Ins Leben.
Ich kann dieses Mal ohne schlechtes Gewissen behaupten: Ich habe keinen Plan. Nix. Nada.
Oh, wie gern ich doch meine Listen habe. Ich vergöttere sie, aber nur, wenn ich sie von oben bis unten abgeackert habe und erschöpft ins Bett plumpse. Bleibt da auch nur eine Sache unerledigt, kommt meine innere Kritikerin, gegen die Anna Wintour ein sanftes Lämmchen ist, und reißt mir den Kopf ab.
Wozu der Ehrgeiz?
Dieses Jahr gibt es mehr Raum zum Atmen, mehr Zeit für Spontanität, Entspannung, keine stundenlangen, ausgeklügelten Konzepte, kein Druck.
Vielleicht ist das ziemlich dumm, aber es fühlt sich so schön frei und offen an. Dem Leben mal für einen Augenblick nicht meine hübschen, lustigen Ideen aufschwatzen – es wird mir weise zulächeln, das Leben, da bin ich mir sicher.
4 Comments
Larissa//No Robots Magazine
10. Januar 2015 at 13:16Wie bei so vielem bin ich auch hier vom gesunden Mittelweg überzeugt. Und ich habe das Gefühl, du bist auf dem richtigen Weg. 🙂 An sich bin ich schon ein Freund von Plänen. Ich brauche morgens auch eine Liste, damit ich durch den Tag komme. Chaos verwirrt mich zu sehr. Und ich brauche auch einen grobe Vorstellung davon, wie die nächsten Tage, Monate oder Jahre ablaufen sollten. Aber deswegen hetze ich keinen Plänen hinterher (oder versuche es zumindest), sondern gebe dem Leben auch die Chance, einfach zu passieren. Das ist zum Schluss ja auch das Schöne und das Spannende am Leben. 🙂 Deswegen mache ich jedenfalls zum neuen Jahr keine konkreten Pläne. Finde ich doof. Ich nehme mir lieber immer mal wieder Zeit darüber nachzudenken, ob mein Leben in die richtige Richtung läuft oder ob ich woanders hingehen sollte.
Karin Nikbakht
10. Januar 2015 at 14:59Haha, super „schwächelnde Mutter“ hat mich sehr erheitert, bei mir war´s dieses Jahr auch so.. Die Kids wollten Halli galli und ich wollte schlafen, aber ich hab´s sowieso nicht so mit Silvester… je nach Stimmung halt, aber wären die Kinder nicht – wäre ich einfach schlafen gegangen.
Ich habe heuer einiges vor, will mehr Energie in meine therapeutische Arbeit stecken – ist ein Herzensprojekt von mir. Aber ich will einfach Impulse setzen und mich dann wieder frei machen und Raum schaffen. Kein Zwang, im Fluss bleiben, hoffe das gelingt gut – fühlt sich momentan auch so an!! Danke für deine Beiträge ich finde deine Artikel immer wieder wunderbar 🙂
Anastasia
11. Januar 2015 at 15:05Hm… zum Nachdenken, da Ganze.
Ich hab eigentlich nichts vor. Nur Yoga machen. Auf mich und meinen Körper aufpassen. Die Uni nicht zu sehr vernachlässigen. Aber das ist nichts Neues, nichts was ich nicht schon mache.
Ich mag meine Freiheit behalten. Die, die ich mir durch meine Jobs und meinen Lebensstil geschaffen habe. Die geniesse ich sehr und dadurch fällt es mir auch meist nicht schwer, auf teure Dinge, die andere sich locker leisten können, zu verzichten. Ich geben das meiste meines Geldes für Nahrung aus, und ich liebe es!
Jetzt weiss ich was ich wirklich noch mehr möchte. Dankbar sein! Für das, wie guts mir eigentlich geht. Das wird jetzt mein Vorsatz. Ab jetzt 🙂
Danke Madhavi <3
Anastasia
11. Januar 2015 at 15:06Ach und Silvester mag ich auch nicht. Da leider noch kinderlos, waren wir wieder in den Bergen bei Freunden mit Kleinkind. Wunderbar 😉