Ich sitze in einem meiner Lieblingslädchen Holy Flat in Neukölln, als Rebecca Randak, Berliner Jivamukti Yogalehrerin und Gründerin des bekannten Blogs Fuck Lucky Go Happy, mit einem strahlenden Lächeln den Laden betritt. Ihre Grundruhe überträgt sich sofort auf mich, ich fahre direkt fünf Gänge runter. Rebecca und ich kennen uns schon einige Jahre, doch in den letzen Monaten habe ich sie so richtig ins Herz geschlossen. Ihres sitzt auf jeden Fall am rechten Fleck. Rebeccas Yogaklassen sind immer bummsvoll. Ich kann auch verstehen warum: Ihre Gelassenheit ist einfach ansteckend. Nach einer üppigen Bowl fangen wir an zu plaudern…..
Welchen Eindruck hat deine erste Yogastunde bei dir hinterlassen?
Ich war positiv überrascht. Damals war ich mehr Techno-Girl als Yoga-Mädchen und dachte, Yoga wäre langweilig. Aus einer Laune heraus begleitete ich einen Freund zu einer halbprivaten Vinyasa-Yoga-Klasse in einem Kreuzberger Hinterhof. Mir gefielen die Übungen, geflasht war ich aber von der Ruhe, die plötzlich in meinem Gedanken war. So war nach der ersten Stunde klar: Ich möchte das wieder machen. Von dort nahmen die Dinge dann ihren Lauf…
Wie hat Yoga dein Leben verändert?
Komplett. Nach vielen Jahren regelmäßiger Praxis beschloss ich 2013 mein Hobby zum Beruf zu machen. Ich gründete den Yoga-Blog Fuck Lucky Go Happy, ließ mich zur Jivamukti Yogalehrerin ausbilden und begann direkt bei Peace Yoga Berlin zu unterrichten. Inzwischen ist Fuck Lucky Go Happy erwachsen geworden und gehört gemeinsam mit deinem Blog zu den größten der hiesigen Szene. Ich unterrichte leidenschaftlich gerne Retreats, Workshops und offene Klassen und finde, dass ich den schönsten Beruf der Welt habe.
Was ist deine größte Herausforderung als Yogalehrerin?
Meine größte Herausforderung im Leben allgemein ist Selbst-Fürsorge. Ich kann mich sehr gut um andere kümmern, vergesse aber oft, mir Zeit zum Aufladen meiner eigenen Akkus zu nehmen. Der Job als Yogalehrerin begünstigt das nicht unbedingt, gibt mir aber immer wieder die Gelegenheit, genau das zu üben. Nur wer selbst stabil steht, kann andere halten.
Was hat Yoga dich auf deinem Weg gelehrt?
Dass man auf dem Weg zum höheren Selbst am kleinen Selbst nicht vorbeikommt. Ich glaube, wenn wir Freiheit und Glück für uns selbst und andere wollen, müssen wir uns erst einmal mit unseren eigenen Schatten beschäftigen – und alten Mist loszulassen, der uns daran hindert, zu expandieren. Das ist für mich Selbsterfahrung.
Welche Eigenschaften sollte ein guter Yogalehrer mitbringen?
Demut. Damit meine ich Respekt vor etwas Höherem, sich selbst nicht allzu wichtig zu nehmen. Dafür – und für das Erlernen des Handwerkszeugs – ist es hilfreich Lehrer*innen zu haben, die einen auf dem Weg begleiten. Außerdem finde ich Authentizität wichtig: Das heißt: Lehre, was du selbst lebst und lebe, was du lehrst – und zwar auf allen Ebenen. Wer Yoga unterrichtet, sollte die Menschen auf der Matte in sein Herz schließen können – zumindest für die 90 Minuten während der Klasse.
'Walk the talk and talk the walk.' Rebecca RandakClick To TweetWen würdest du unheimlich gerne treffen und warum?
Osho. Alle Menschen in meinem Umfeld, die den großen Meister zu seinen Lebzeiten getroffen haben, sprechen wahnsinnig begeistert von seiner Präsenz, seinem durchdringenden Blick. Das würde mich arg interessieren. Außerdem halte ich seine Meditationen, speziell die Dynamische, für pures Gold. Theoretisch möglich, aber praktisch nicht unbedingt wahrscheinlicher: Ryan Gosling.
Wo holst du dir Inspiration?
Das Leben mit allem, was dazu gehört, ist meine größte Inspirationsquelle. Ob als Yogalehrerin oder in meinen Texten – mein Job ist es, mich mit den großen und kleinen Fragen des Lebens zu beschäftigen. Und die tauchen in Gesprächen mit Freundinnen auf, in meiner Beziehung oder in anderen Alltagssituationen. Mir zu überlegen, wie ich ein Thema so aufbereiten kann, dass es auch für andere interessant ist, hilft mir selbst, Antworten auf meine Fragen zu finden.
In Sachen Yoga inspirieren mich oft die klugen Menschen, bei denen ich übe. Allen voran mein Lehrer Dr. Patrick Broome, aber auch die kleinen Gurus, bei denen ich mich Tag für Tag hier in Berlin auf der Matte verbiege: Martyna Eder, Moritz Ulrich und Anja Kühnel zum Beispiel.
Der beste Rat, den du je erhalten hast?
Hör auf die Zeichen, die dir dein Körper gibt. Er ist schlauer als dein Kopf und kennt den Weg.
Hast du Rituale, die du uns verrätst?
Ganz spießig: Sonntag-Abend mit meinem Freund zuhause kochen und Tatort kucken. Ansonsten habe ich eine recht regelmäßige Morgenpraxis, die zwischen 15 und 45 Minuten dauert und die ich gleich nach dem Aufstehen mache. Pranayama, also Atemübungen, und Meditation sind immer dabei. Asana oder 7 Minutes Workout je nach Zeit und Laune.
Was bringt dein Herz zum Hüpfen?
Wenn ich neuen Yogakram lerne, werde ich oft ganz aufgeregt. Alignment-Details, Atem-Techniken, tolle Sequenzen, neue Chants – ich finde das so spannend. Klingt klischeehaft, aber mir kommt es vor als wäre Yoga ein Schatz, der immer größer wird je mehr ich von ihm ausbuddle.
Du sprichst fließend Italienisch. Wie kommt das?
Nach meinem Abitur habe ich einige Zeit in Siena und Bologna gelebt, danach habe ich italienische Literaturwissenschaft im München studiert und bin seit fast 15 Jahren regelmäßig in Süditalien, wo meine Eltern ein Haus haben. Viele Menschen denken, ich wäre Halbitalienerin, bin ich aber nicht. Eher Fake-Italienerin.
Nochmal zurück zu den Yoga-Retreats. Was ist das Besondere an deinen?
Das nächste ist sogar in Süditalien, in Santa Maria di Castellabate, um genau zu sein: La Vera Dolce Vita. Ich unterrichte in einer zur Shala umfunktionierten Strandbar Yoga und Meditation. Danach gibt es dort Frühstück mit Meerblick. Diesmal wird es besonders spannend, denn ich habe meine Mutter, eine sehr erfahrene Psychotherapeutin und Supervisorin, als Co-Teacher dabei. Sie wird Reflexionsrunden anbieten, in denen die Teilnehmer*innen ihre Themen, die während des Retreats gewöhnlich auftauchen, besprechen können.
Vielleicht sind es genau diese Sharing-Runden, die meine Retreats ausmachen. Denn die gibt es auch, wenn meine Mutter nicht dabei ist. Austausch in der Gruppe über den privaten hinaus hat mir als Schülerin bei intensiven Yoga-Reisen oder Ausbildungen oft gefehlt: Man wird in einen Selbsterfahrungs-Schleudergang gesteckt und kann dann schauen, wie man klarkommt. Natürlich muss man seine Probleme selbst lösen, aber ich finde es unheimlich hilfreich, wenn es den Raum gibt, sich mitzuteilen, Verständnis zu erfahren und Fragen zu stellen.
Ein Buch, das dich in letzter Zeit begeistert hat?
Das Buch mit dem unsäglichen Titel Das Rushing Woman Syndrom* vom Dr. Libby Weaver. Es geht um Frauen, die immer in Eile sind und wie sich der Dauerstress auf ihre Gesundheit auswirkt. Dr. Weaver erklärt mit sehr einfachen Worten die komplexen Zusammenhänge von Hormonsystem, Verdauung und typischen Frauenbeschwerden. Ich habe mich voll wieder erkannt und kann es allen Frauen, die wie ich immer wieder an der Selbstfürsorge scheitern wärmstens empfehlen.
Danke, Rebecca!
P.S. Rebecca ist gerade auf den Weg nach Italien. Wer sie virtuell begleiten möchte, der sollte ihren Instagram Stories folgen.
© Maike Eggers, Jule Müller & Grit Siwonia
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